Verantwortung ist nicht teilbar!

UN§CHULDIG: Aktion zum ColognePride 2012 von POSITHIV HANDELN NRW

Beim ColognePride 2012 stand das Thema "Kriminalisierung der HIV-Infektion" im Mittelpunkt der jährlichen Aktion zu den CSDs und Straßenfesten in ganz NRW

Jeder wünscht sich guten Sex, doch das ist gar nicht so einfach. Sex soll allen Spaß machen, aber für Menschen mit HIV hört der Spaß schnell auf. Niemand möchte andere bewusst infizieren, doch beim Sex mag man nicht gern an alles denken. 

Die Kriminalisierung von HIV-Übertragungen verhindert keine Infektion. Sie macht es auch nicht einfacher, offen mit HIV zu leben. Sie schiebt die Verantwortung allein auf die Menschen mit HIV und lässt vergessen, dass jeder sich um seinen eigen Schutz sorgen muss. 

Natürlich richten die Aidshilfen ihre Prävention darauf aus, dass Menschen Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Bei einvernehmlichem Sex hat keiner der Partnerinnen und Partner eine höhere Verantwortung als die oder der andere. Verantwortung ist nicht teilbar. Es kann nicht sein, Menschen mit HIV vorzuverurteilen und als kriminell abzustempeln, wenn es um die Übertragung von HIV geht! 

Nach wie vor werden in Deutschland Menschen mit HIV verurteilt, nachdem es beim Sex zu einer Übertragung des Virus gekommen ist. Sogar wenn nur die Möglichkeit dazu bestanden hat, ohne dass es tatsächlich zu einer Übertragung gekommen ist [HIV-Exposition], kann das zu einer Verurteilung führen.

Die Deutsche AIDS-Hilfe, die Aidshilfe NRW und POSITHIV HANDELN NRW lehnen die strafrechtliche Sanktionierung der HIV-Übertragung beziehungsweise HIV-Exposition bei selbstbestimmten sexuellen Handlungen ab. Diese bürdet Menschen mit HIV die alleinige Verantwortung auf und schadet zugleich der HIV-Prävention. HIV-Übertragungen werden so nicht verhindert, sondern begünstigt. Die Kriminalisierung der HIV-Übertragung und HIV-Exposition erfolgt über den Straftatbestand der Körperverletzung. Nach vorherrschender Rechtsprechung müssen HIV-Positive auf dem Gebrauch von Kondomen bestehen oder ihre Partnerinnen und Partner über die Infektion informieren. Diese Auslegung des geltenden Rechts ist keineswegs zwangsläufig, sondern gründet oft auf der Annahme, auf diese Weise zur Verhinderung von HIV-Infektionen beizutragen. Wir fordern die Justiz auf, ihre Anwendung der genannten Gesetze zu überdenken und fortan auf die daraus resultierende Kriminalisierung von Menschen mit HIV zu verzichten.

Nicht die HIV-Infektion an sich führt zur Übertragung, sondern sexuelle Handlungen, die zwei Menschen gemeinsam vollziehen. Dabei sind beide voll für ihr Handeln und damit für den Schutz vor einer HIV-Übertragung verantwortlich. Die Täter-Opfer-Logik des Strafrechts passt nicht zu sexuellen Begegnungen. Sie deutet eine Situation zu einer einseitigen Handlung von HIV-Positiven um, die Verantwortung der Partnerin oder des Partners wird ignoriert. Wer die Verantwortung vor allem HIV-Positiven zuweist, unterhöhlt den Grundansatz der erfolgreichen Prävention in Deutschland: Jeder Mensch kann sich selbst schützen, sofern er über die nötigen Informationen und Mittel verfügt und ihn äußere Umstände nicht daran hindern.

Indem die Verantwortung beim HIV-Positiven verortet wird, kann die Illusion entstehen, der Staat habe HIV unter Kontrolle. Menschen könnten sich darauf verlassen, dass allein HIV-Positive für Schutz verantwortlich seien. Das ist schon allein deswegen fatal, weil bei vielen HIV-Übertragungen Menschen beteiligt sind, die gar nichts von ihrer Infektion wissen.

Da nur verurteilt werden kann, wer von seinem HIV-Status weiß, kann die Kriminalisierung Menschen vom HIV-Test abhalten. Das ist kontraproduktiv: HIV-Übertragungen werden unter anderem dann wirkungsvoll verhindert, wenn möglichst viele Menschen von ihrer Infektion wissen und sich rechtzeitig behandeln lassen. Mit einer gut wirksamen Therapie schützen sie auch ihre Partner vor einer HIV-Übertragung. 

POSITHIV HANDELN NRW und die Aidshilfen fordern ein gesellschaftliches Klima ein, in dem es kein Tabu ist, über HIV zu reden. Und wenn nicht darüber gesprochen wird, müssen sich trotzdem alle ihrer Risiken bewusst sein. Für den Schutz vor einer HIV-Übertragung sind alle Beteiligten verantwortlich.

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